DPhV: Erschütternde Zahlen des Deutschen Schulbarometers bestätigen Negativtrends im deutschen Bildungswesen / Mehr Entlastung und verbesserte Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte notwendig
Mittwoch, 24. April 2024, 10:02 Uhr
Das heute veröffentlichte Deutsche Schulbarometer bestätigt aus Sicht des Deutschen Philologenverbands (DPhV) negative Entwicklungen im deutschen Bildungswesen, die in weiten Teilen hausgemacht sind. DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing sagt: Es ist erschütternd, dass so viele Lehrkräfte im Alltag verschiedene Formen von Gewalt erleben müssen. Dies ist allerdings ein gesamtgesellschaftliches Problem, nicht nur eines in den Schulen. Leider bestätigt das Schulbarometer auch weitere negative Entwicklungen, die wir schon seit Jahren anmahnen: beispielsweise den durch zu geringe Einstellungsquoten mitverschuldeten Lehrkräftemangel oder den maroden Zustand vieler Schulen. Dies alles führt zu zusätzlichem Stress für Lehrkräfte und ihre Schüler und Schülerinnen.
Dass der Stimme der Lehrkräfte im politischen Raum zu wenig Bedeutung beigemessen wird, zeigt der Umstand, dass Deutschland sich – im Gegensatz zu fast allen relevanten OECD-Staaten – nicht an TALIS beteiligt. Hier könnten sinnvolle und vergleichbare Daten erhoben werden. Der DPhV begrüßt es daher, dass das Schulbarometer sich bemüht, diese Lücke zumindest in Teilen zu schließen.
Die von den Lehrkräften klar kommunizierten Probleme dürfen nicht länger ignoriert werden: marode Schulgebäude erlauben keinen modernen Unterricht, zunehmende Gleichmacherei der Schulformen erhöht die Heterogenität und überfordert Lernende wie Lehrende. Lin-Klitzing: Statt weiter bildungspolitischen Wunschvorstellungen nachzuhängen, muss die Politik endlich die Realitäten wahrnehmen: ein vielgliedriges Schulsystem hilft, den Erfordernissen jedes einzelnen Lernenden besser gerecht zu werden, und jeder Euro für die Sanierung unserer Schulhäuser ist eine echte Investition in die Zukunft.
Durch die Ergebnisse der Studie wird die Politik zudem erneut ermahnt, ihre Verantwortung für bessere und langfristigere Fort- und Weiterbildungsangebote mit entsprechend guten Rahmenbedingungen für Lehrkräfte zu übernehmen. Lin-Klitzing kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Lehrkräfte-Fortbildung in Deutschland vernachlässigt werde: Qualifizierte Fortbildungsangebote, für die Lehrkräfte selbstverständlich freigestellt werden müssen, sind ein wichtiges Thema. Hier ist das deutsche Bildungssystem im internationalen Vergleich, und übrigens auch im Vergleich mit der einheimischen Wirtschaft, schlicht abgeschlagen. Ein für den Bildungsstandort untragbarer Zustand!
Für die aktuelle Ausgabe des Deutschen Schulbarometers ließ die Robert Bosch Stiftung zwischen dem 13. November und 3. Dezember 2023 insgesamt 1.608 Lehrkräfte an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland vom Meinungsforschungsinstitut forsa befragen. Jede zweite Lehrkraft gab an, Gewalt an der eigenen Schule zu beobachten. Die größte Herausforderung sehen Lehrkräfte im Umgang mit heterogenen Klassen. Den dringendsten Handlungsbedarf an der eigenen Schule sehen sie beim Personalmangel und bei maroden Schulgebäuden. Im internationalen Vergleich werden in Deutschland zudem deutlich weniger Fortbildungen zu pädagogischen Kompetenzen besucht und es fehlt eine systematische Feedback-Kultur.